Petrus in orchestralen Fluten
Bachverein führt "The Kingdom" von Edward Elgar im Krönungssaal auf
Von Pedro Obiera
Aachen. Dem Chorschaffen Edward Elgars hat sich der Aachener Bachverein bereits vor zwei Jahren mit einer eindrucksvollen Aufführung des Oratoriums „The Dream of Gerontius“ gewidmet, die mittlerweile als CD-Mitschnitt verfügbar ist.
Es handelt sich um den Mittelteil eines letztlich unvollendet gebliebenen Triptychons, das die Bedeutung der Apostel reflektiert. In „The Kingdom“ stützt er sich auf die ersten Passagen der biblischen Apostelgeschichte, in deren Mittelpunkt Petrus, Johannes, Maria und Maria Magdalena stehen, die inhaltlich mit ihren Verweisen auf die Glaubensstärke, aber auch auf die Verfehlungen und Schuldgefühle der Apostel, den Erinnerungen an die Wundertaten Christi und die erhellende Kraft des Pfingstereignisses ein recht zersplittertes Libretto ergeben.
Ein Werk ohne große Arien, das die Texte von vier Solisten und dem Chor stilistisch abwechslungsreich rezitieren lässt, eingebunden in ein arioses Melos, gekrönt von mächtig aufbrausenden Chorhymnen. Insgesamt orientiert sich Elgar auch hier weniger an der Oratorien-Tradition Händels, sondern an dem durchkomponierten Stil Richard Wagners.
Akustische Probleme
Entsprechend differenziert und volltönend ist auch der Orchesterpart gestaltet, wodurch sich trotz der insgesamt engagierten und hochwertigen Interpretation die akustischen Probleme wiederholten, die bereits vor zwei Jahren beim „Gerontius“ die Eignung des Krönungssaals für groß besetzte Oratorien in Frage stellten.
Auch wenn sich der Bachverein in voller Stärke formierte, hatte es der Chor nicht leicht, sich gegen die übermächtigen orchestralen Fluten durchzusetzen. Die Solisten hinter das Orchester zu setzen, wirkte sich auch nicht förderlich aus, sahen sich alle vier Sänger doch genötigt, ihre Stimmen stärker zu belasten als nötig. Da geriet der Bassist Michael Mrosek in der Rolle des Petrus ebenso an seine Grenzen wie Markus Schäfer in der Johannes-Partie, was sich nicht zuletzt in unnötigen Intonationstrübungen niederschlug. Die Sopranistin Nathalie de Montmollin und die bewährte Altistin Marion Eckstein erwiesen sich als ausgezeichnete Wahl, konnten ihre schönen Stimmen aber längst nicht so entspannt einsetzen wie wünschenswert.
Dass der Aachener Bachverein seine Aufgaben mit großem Ton und gesangstechnischer Überlegenheit erfüllte, ist ebenso selbstverständlich wie die Begeisterung, mit der Hage den Riesenapparat durch das anderthalbstündige Werk führte. Und die Aachener Sinfoniker taten gleichfalls ihr Bestes, auch wenn sich ihr Einsatz im Krönungssaal klanglich längst nicht so ausgewogen niederschlug, wie man es von dem Orchester gewohnt ist.
Viel Beifall für die Begegnung mit einer interessanten Rarität.
Aachener Nachrichten, 20. März 2018