Konzert im Krönungssaal

Bachverein mit Brahms-Requiem: Abenteuer geglückt

Von Pedro Obiera

Aachen. "Ein Deutsches Requiem" von Johannes Brahms ist ein populäres Werk. Doch der Aachener Bachverein hat sich mit ihm auf ungewohnte Pfade gewagt. Mit Erfolg!

"Ein Deutsches Requiem" – Brahms’ chorisches Highlight in einer Fassung für Kammerorchester mit einem entsprechend klein besetzten Kammerchor: Das widerspricht allen landläufigen Aufführungspraktiken des populären Werks. Georg Hage ließ sich mit BachVokal, dem umbenannten Kammerchor des Bachvereins, auf dieses Abenteuer ein und siegte im nahezu vollbesetzten Krönungssaal des Aachener Rathauses auf ganzer Linie.

Feine Details

Auch wenn man an groß besetzte Aufführungen des Werks gewöhnt ist, verliert das Requiem in der schlanken Version nichts an klanglicher Wärme und Volumen, geschweige denn an Ausdruckskraft. Zu hören war eine wohltuend entfettete Interpretation mit einem transparenten Klangbild, angemessen zügigen Tempi und einer weit gespannten dynamischen Palette. Der Klang blieb stets unter Kontrolle, was den akustischen Bedingungen des sonst eher für Kammermusik geeigneten Krönungssaals dankbar entgegenkam.

Der klein besetzte Chor konnte seine Tugenden in diesem Umfeld noch feiner ausspielen als in einer Mammutbesetzung. Das führte zu einer erfreulich ausgeglichenen Balance zwischen Frauen- und Männerstimmen. An der Textverständlichkeit, der rhythmischen Sicherheit und Intonationsstabilität des Chores gibt es ohnehin nichts zu bemängeln. Und in der überschaubaren Besetzung konnte Hage manches Detail noch feiner ausfeilen, als man es von dem Werk gewohnt ist.

Auch die Reduktion des Orchesters hinterließ keine Lücken. Die Zahl der Streicher wurde der Größe des Chores angepasst, und die Konzentration der 19 Bläserstimmen auf ein Bläserquintett gelang dem Freiburger Flötisten Joachim Lückelmann so gut, dass die Fassung eine echte Alternative zu herkömmlichen Versionen bietet. Übertriebene Bedenken sind unangebracht, hat doch Brahms selbst sogar eine Fassung für Chor und Klavier zu vier Händen hinterlassen. Der Instrumentalpart war beim bewährten Aachener Bachorchester bestens aufgehoben.

Martin Berner, ehemaliges Ensemblemitglied am Theater Aachen, gestaltete den Bariton-Part ebenso einfühlsam wie markant, womit er den unsentimentalen Gesamteindruck unterstützte. Netta Or bringt für den kleinen, aber wichtigen Sopran-Part eine ungewöhnlich helle Stimme mit und investierte viel Ausdruckskraft in ihren Vortrag, was dem schwerelosen Charakter ihrer Arie nicht immer entgegenkam.

Insgesamt ein ebenso interessanter wie gelungener Interpretationsansatz eines wohlbekannten Werks auf ungewohnten Pfaden. Das Publikum reagierte mit lang anhaltendem Beifall.

Aachener Zeitung, 02.04.2019