Drei Kantaten zum Abschluss der Bachtage

Chor und Solisten überzeugten

Von Thomas Beaujean

Aachen. Annakantor Georg Hage dürfte nach den letzten Tönen des Abschlusskonzertes der 48. Aachener Bachtage ein Stein vom Herzen gefallen sein: Erleichterung darüber, dass die von so vielen coronabedingten Unwägbarkeiten begleitete diesjährige Reihe von sechs Konzerten ohne weitergehende Einschränkungen wie geplant über die Bühne gegangen ist. Angesichts der sich weiter verschärfenden Pandemielage war das nicht selbstverständlich. Insofern war das diesjährige Motto der Bachtage „Glaube – Krise – Hoffnung II“ brandaktuell.

Hage hatte sich schon wie bei dem ersten Konzert mit Bach-Kantaten in der Programmgestaltung an ein Konzert eines seiner Vorgänger Rudolf Mauersberger aus dem Jahr 1920 angelehnt und eine Folge von drei Kantaten übernommen, von denen die beiden ersteren „Herr Jesu Christ, wahr‘ Mensch und Gott“ BWV 127 und „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende“ BWV27 inhaltlich um das Thema Tod kreisen, während die dritte „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ BWV 140 eher dem Advent zuzuordnen ist.

Auch diese Auswahl macht in eindrucksvoller Weise deutlich, welch ungeheure Fantasie Bach bei der musikalischen Ausdeutung der für uns Zeitgenossen schwer nachvollziehbaren pietistischen Texte walten ließ, die in den Rezitativen und Arien ihre musikalische Umsetzung erfahren.

Glanzpunkte der Kantaten sind in den meisten Fällen dennoch die Eingangschoräle mit ihren mitreißenden Orchesteritornellen. Hage konnte bei der Aufführung der drei Kantaten wieder auf bewährte Kräfte zurückgreifen. Mit arcipelago – Ensemble für Alte Musik steht ihm ein stilistisch versiertes, mit dem Instrumentarium der Zeit ausgestattetes Instrumentalensemble zur Verfügung, das seinen Part zuverlässig und sorgfältig in Artikulation und Phrasierung meistert.

Der Bachverein war diesmal mit einer reduzierten Mannschaft von etwa 50 Sängerinnen und Sängern angetreten, klangschön, präzise, ausgeglichen in allen Stimmgruppen, die sich auch in den Koloraturen des Eingangschors von „Wachet auf“ nicht aus der Spur bringen ließen.

Hochkarätig auch das Solistenquartett mit unterschiedlich dankbaren Aufgaben: Die Sopranistin Katharina Persicke mit leuchtendem, in der Höhe etwas hartstrahligen Sopran, die Altistin Elisabeth Popien mit einer undankbaren, weil sehr tief liegenden Arie, die ihr wenig Gelegenheit bot, ihre großen stimmlichen Qualitäten zu demonstrieren, der Tenor Leonhard Reso mit schlankem, für Alte Musik bestens geeignetem Timbre und müheloser Höhe, und der bewährte Aachener Bass-Bariton Raimund Nolte mit sonorer und warmer Stimmgebung.

Georg Hage führte sein Ensemble inspirierend und mit gewohnter Souveränität durch alle Klippen. Am Ende herzlicher Applaus des coronabedingt reduzierten Publikums.

Aachener Nachrichten, 23.11.2021