Der Chor erstrahlt in vollem Glanz

Aachener Bachtage starten mit großer Hoffnung

Von Pedro Obiera

Aachen. Nachdem die Aachener Bachtage im vergangenen Jahr nach nur einem Kammerkonzert dem Lockdown zum Opfer gefallen waren, hat Kantor Georg Hage die 48. Festtage jetzt mit großer Hoffnung gestartet. Gemäß dem Motto „Glaube – Krise – Hoffnung“ setzt er mit einem ambitionierten Programm positive Zeichen für eine bessere Zukunft.

Und wenn hoffnungsstärkende Signale gefragt sind, steht die Musik Johann Sebastian Bachs ganz oben an. In zwei Konzerten mit jeweils drei Kantaten des Thomaskantors ist endlich auch wieder der Bachverein am Zug, wenn auch in der kleineren, jedoch völlig ausreichenden Besetzung von BachVokal, dem Kammerchor des Aachener Bachvereins.

Bei der Auswahl der Kantaten orientierte sich Hage an Aufführungen seines Vorgängers Rudolf Mauersberger, der vor 50 Jahren gestorben ist und als Kantor der Anna- und damaligen Christuskirche seit 1919 maßgeblich zur Weiterentwicklung des Bachvereins und des Aachener Musiklebens beigetragen hat, bevor er sich als langjähriger Leiter des Dresdner Kreuzchors einen internationalen Namen machte.

Hage übernahm das Programm eines Konzerts vom 9. November 1924 mit drei Choralkantaten: zwei mit Trompetenglanz gekrönten Werken über die Choräle „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ (BWV 137) und „Eine feste Burg ist unser Gott“ (BWV 80), die die sanfter instrumentierte Kantate „Was mein Gott will, das gscheh allzeit“ (BWV 111) einschlossen.

Die teilweise verwickelte Entstehungsgeschichte der Stücke, vor allem der von Bachs Sohn Wilhelm Friedemann bearbeiteten Kantate BWV 80, mindert nicht die Hoffnungsstärke, die die Musik ausstrahlt. Und die schien Hage mit Vehemenz, quasi als positive Antwort auf die Krise, zum Ausdruck bringen zu wollen.

Der Eingangschor von „Lobe den Herren“ erstrahlte in der Kirche St. Michael in vollem Glanz. Der Kammerchor sang wie befreit, wobei er trotz der Zwangspause nichts von seinem musikalischen Format eingebüßt hat. Im Ensemble für Alte Musik arcipelago hatte er wieder bewährte Helfer an seiner Seite, die auch die heiklen solistischen Aufgaben vorzüglich lösten.

Wobei Hage bisweilen Tempi anschlug, etwa im wilden Choral „Und wenn der Teufel wär“ aus op. 80, die selbst derart versierte Musiker an ihre Grenzen brachten. Anerkennung verdient unter diesem Aspekt der Bassist Jens Hamann, der die virtuosen Figurationen in der Arie „Alles, was von Gott geboren“ aus derselben Kantate nahezu mühelos bewältigte.

Auch diesmal stellte Hage ein zuverlässiges, recht homogenes Solistenquartett zusammen – mit Hamann, Heike Heilmann (Sopran), Julia Spies (Alt) und Florian Cramer (Tenor). Von geringen Intonationsschwankungen abgesehen konnte man sich an klangprächtigen Bach-Interpretationen erfreuen, die das Publikum mit entsprechendem Beifall quittierte.

Aachener Nachrichten, 9.11.2021